Blindleistungsbereitstellung bei Energieerzeugungsanlagen

Mit der Einführung der TAR Mittelspannung (VDE-AR-N 4110) ändern sich auch die Anforderungen an die Blindleistungsbereitstellung von Erzeugungsanlagen. Dieser Artikel soll darlegen, welche Unterschiede sich zu den bisherigen Anforderungen aus der BDEW Mittelspannungsrichtlinie 2008 ergeben, wie diese einzuhalten sind und welche Auswirkungen die Anforderungen für Hersteller und Betreiber von Erzeugungseinheiten und –anlagen haben.

Bisher mussten Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz in der Lage sein, Blindleistung in einem Bereich von cosPhi = 0,95 übererregt bis cosPhi = 0,95 untererregt am Netzverknüpfungspunkt (NVP) bereitstellen zu können. Die Anforderung wurde in der 3. bzw. 4. Ergänzung zur BDEW konkretisiert:

Unterhalb einer Netzspannung von 95% bzw. oberhalb von 105% Uc (kein UW-Direktanschluss) durfte der Anlagenbetreiber die Wirkleistung zu Gunsten der Blindleistungsbereitstellung automatisch reduzieren, um die Anforderungen einhalten zu können. Innerhalb des Spannungsbandes zwischen 95% und 105% Uc war dies allerdings nicht erlaubt. Dies hatte häufig zur Folge, dass vor allem im PV-Bereich die Wirkleistung von Wechselrichtern dauerhaft begrenzt werden musste, um zu jedem Zeitpunkt genügend Blindleistung am NVP bereitstellen zu können.

Die Höhe der Wirkleistungsbegrenzung ist dabei von zwei Faktoren abhängig: Auf der einen Seite ist das PQ-Verhalten der Wechselrichter maßgeblich für die Blindleistungsbereitstellung verantwortlich, auf der anderen Seite die Konstellation der Erzeugungsanlage (Einfluss der Transformatoren und Kabel).

Mit Einführung der TAR Mittelspannung (VDE AR-N 4110) müssen Erzeugungsanlagen im Teillastbereich im Vergleich zur BDEW mehr Blindleistung bereitstellen. In jedem Arbeitspunkt (>20 % PN) muss eine Blindleistung von 33% der installierten Anlagenleistung Pb inst am Netzanschlusspunkt vorgehalten werden. Dies entspricht folglich einem „Blockformat“ anstelle der cos-Phi-Grenze aus der BDEW MSR 2008. Ein weiterer Unterschied ist, dass eine automatische Wirkleistungsreduktion zugunsten der Blindleistung unabhängig von der Spannung UC zulässig ist.

Eine Blindleistung von 33% der Anlagenleistung entspricht im Volllastbetrieb einem cosPhi von 0,95 (über- und untererregt), sodass sich hier keine Änderungen zur BDEW ergeben.

TAR Mittelspannung BlindleistungsbereitstellungBlindleistungsbereitstellung nach der TAR Mittelspannungsrichtlinie

Bild 1: PQ-Anforderungen im Vergleich

Die Blindleistungsanforderungen gelten für den Spannungsbereich von 0,9 UC bis 1,1 UC. Im übererregten Bereich bei Überspannung und im untererregten Bereich bei Unterspannung ist diese Funktion „abgeschnitten“, da eine untererregte Fahrweise bereits zu einer Spannungssenkung und eine übererregte Fahrweise zu einer Spannungsanhebung führt. Hier gibt es folglich nur minimale Änderungen zur BDEW MSR 2008:

MOE und die TAR Mittelspannungsrichtlinie

Bild 2: Anforderungen an die Blindleistungsbereitstellung am NAP

Die neuen Anforderungen sollten bereits auf Herstellerebene berücksichtigt werden. Betreiber und Projektierer können in der Planungsphase das Blindleistungsvermögen der Erzeugungseinheiten in den jeweiligen Einheitenzertifikaten einsehen und somit bei der Auswahl der Komponenten berücksichtigen. M.O.E. empfiehlt, die Blindleistungsbereitstellung der Erzeugungsanlage vorab berechnen zu lassen. M.O.E. kann diese Berechnung im Rahmen einer Vorklärung zum Anlagenzertifikat durchführen.

Sofern das Blindleistungsvermögen nicht ausreichend ist, müssen Maßnahmen zur Einhaltung getroffen werden. Dies sind z.B. der Austausch von Einheiten, die Installation einer Kompensationsanlage oder ein alternativer Netzverknüpfungspunkt.